Angstzustände, Depression, Burnout – Themen die so aktuell sind wie noch nie und über die Gott sei Dank immer öfters berichtet wird. Deshalb möchte ich meine Geschichte mit euch teilen. Die Geschichte wie schnell es gehen kann wenn man Zeichen nicht wahr nimmt und wie lange es dauern kann erfolgreich mit Geduld und Achtsamkeit sich wieder zurück ins Leben spielen . Viele warnten davor nicht zu viel darüber zu reden, denn es könnte einem in der Zukunft vielleicht schaden. Ich sehe das anders. Panikattacken, Burnout, Depression, Boderline, sowie weitere psychische Erkranugen, sind ernst zu nehmende Krankheiten. Krankheiten die man nicht sieht. Und damit haben schon viele ein Problem. Irgendwie auch verständlich. Bei einem Knochenbruch ist das anders. Man bekommt einen Gips, fällt vielleicht auch für längere Zeit aus, aber es ist verständlich. Man denkt sich „ die /der Arme, das muss schmerzhaft sein“. Bei den von mir oben genannten Krankheiten hat man auch Schmerzen. Fürchterliche Schmerzen – man kann sie äußerlich nur nicht erkennen. Denn sie sitzen tief und fest.
Ich selbst war Perfektionistin, ging in meiner Arbeit auf und hab diese so richtig gelebt. Fehler meinerseits wollte ich nicht zulassen. Den Drang immer mehr zu geben und das Gefühl mich beweisen zu müssen. Das war fest in meinem Kopf verankert. Immer für alle da, gute Ratschläge verteilen, aber auf sich selbst überhaupt nicht mehr achten. Dazu kamen noch Schwierigkeiten in meinem Arbeitsumfeld hinzu die für mich unlösbar erschienen. Als würde ich ständig gegen eine Wand laufen. Meine Gedanken drehten sich nur mehr über das Lösen der Probleme und plötzlich befand ich mich in einer endlosen Spirale. Schon damals gab es meinerseits Hilfeschreie, die aber weder ich, noch die Anderen erkannten. Ich wurde unruhig, konnte nicht mehr schlafen. Ich habe begonnen mich mit täglichem Workout müde zu machen. Mein Tagesablauf war somit aufstehen, in die Arbeit fahren, den Haushalt schupfen, kochen, Sport und schlafen gehen. Ich traf mich nicht mehr mit Freunden und hab mich komplett isoliert. Das ich ein Problem habe, das war mir nicht wirklich bewusst. Jeder hat einmal ein Tief. Schon damals hat mich mein Lebensgefährte darauf aufmerksam gemacht dass ich nicht mehr lache und mein Gesicht wie versteinert ist, auch das habe ich ignoriert. Ja und dann kam es wie es kommen musste.
Im Sommer 2014 fuhren wir in unseren langersehnten Urlaub. Zwei Wochen Südfrankreich. Ein Jahr lang haben wir uns darauf gefreut. Ein magisches Land. Der Duft in der Provence, das Meeresrauschen, gutes Essen und Abends im Freien sitzen und ein Gläschen Rosé genießen. Klingt gut oder? Leider kam alles ganz anders.
Nach einer langen und anstrengenden Autofahrt sind wir endlich in der Provence angekommen. Wir wohnten im einem wunderschönen alten Haus, dass komplett renoviert wurde und mit viel Liebe zum Detail von einem Aussteiger ausgestattet wurde. Weit und breit nichts. Der Blick über Weingärten und den angrenzenden Wald, nur eine kleine Zufahrtsstraße – absolute Stille. Paradiesisch. Bis zum Tag zwei unseres Urlaubes. Wir saßen gerade beim Abendessen. Plötzlich war es da. Wie ein Blitz der durch meinen Körper rast. Bei den Füßen angefangen bis hinauf in meinen Kopf. Schwindel, Schweißausbruch, Angst! Plötzlich und ohne Vorwarnung. Ab dem Zeitpunkt ging es bergab. Ich konnte nichts mehr essen, war von einer Unruhe geplagt die unbeschreiblich war, die Gedanken waren nicht mehr zu stoppen. Plötzlich stellte ich alles in Frage. Mein ganzes Leben. Konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ihr könnt euch vorstellen wie unglaublich schwierig dies für meinen Lebensgefährten war, wenn nicht einmal ich wusste was da gerade mit mir passiert. Denn auch hier habe ich noch immer nicht gecheckt dass ich ein Problem habe, denn ich dachte ich bin körperlich krank. Der Urlaub war ein Desaster. Wieder zu Hause angekommen hat der Alltag eingesetzt. Nur es fühlte sich nicht mehr so an wie es einmal war. Ich konnte mich in der Arbeit nicht mehr konzentrieren und begann aus dem nichts hinaus zu weinen. Essen war noch immer nicht möglich und hatte somit in kürzester Zeit fast 6 Kilo verloren was bei meiner Statur schon bedenklich war. Alle meine Lieben um mich herum haben sich fürchterliche Sorgen gemacht und mir versucht zu erklären dass ich ein richtig großes Problem habe und mir dringend einen Arzt suchen soll. Nach ein paar Tagen habe ich diesen Rat auch beherzt denn meine größte Sorge war der Gewichtsverlust und die Angst in eine Magersucht zu verfallen. Also suchte ich mir Hilfe und Rat.
Die Diagnose „schwere depressive Episode, Burnout Syndrom“. Die Reaktionen in meinem Umfeld waren unterschiedlich. Der engere Kreis meiner Familie und meine Freunde waren so gar nicht überrascht. Im Gegenteil, die Meisten meinten nur, es war ja nur eine Frage der Zeit und ein Wunder dass ich überhaupt so lange durchgehalten habe. Anders war es in der Arbeit. Wie kann das sein, sie ist ja so taff. Man hat nichts gemerkt - bei vielen Unverständnis. Ich wurde in den Krankenstand geschickt. Anfangs dachte ich noch dass ich in ein paar Wochen wieder fit bin. Aus den paar Wochen wurden fast 8 Monate.
In der ersten Zeit war ich zu nichts fähig. Kleinste Aufgaben wie zum Beispiel Wäsche aufhängen, den Geschirrspüler ein- und ausräumen schienen mir unmöglich. Autofahren ging Monate nicht mehr. Lebensmittel einkaufen, die reinste Qual. War ich dann einmal im Supermarkt, habe ich fast eine Stunde gebraucht da ich vorm Regal stand und nicht wusste was ich nehmen soll. Mich einmal in ein Caféhaus zu setzen kostete mich unglaublich viel Überwindung. Ich saß oft stundenlang da und starrte mit leerem Blick auf die Wand. Ich wachte in der Früh weinend auf und ging Abends weinend schlafen. Tag für Tag hoffte ich beim ersten Augenöffnen das es bald wieder Abend wird um wieder schlafen zu können. Es ist als Perfektionist nicht einfach erkennen zu müssen dass die kleinsten Dinge nicht mehr machbar waren. Ich fand nichts mehr Positives an mir und am Leben. Emotionslos, als wären meine Gefühle gestorben. Auch mein Körper hat Reaktionen gezeigt. Fieberblasen an allen möglichen Stellen, Neurodermitis-Schübe, dass mir vor lauter Kratzen das Blut runter lief, Hormonstörungen, usw. Wie oft habe ich mir in dieser Zeit gewünscht mein Körper hätte einen Reißverschluss den ich nur öffnen brauche um dann losrennen zu können soweit mich meine Füße tragen.
Nun, was hat mir geholfen aus dieser Abwärtsspirale wieder rauszukommen?
Der wichtigste, erste Schritt - ich habe die Krankheit und somit mein Problem erkannt! Ich habe Hilfe angenommen. Ich habe gelernt keine Angst vor der Krankheit zu haben. Mich bewusst mir auseinander gesetzt. An ganz miesen Tagen habe ich meine Ängste, Sorgen und Gefühle aufgeschrieben um nicht zu vergessen wie es mir ergangen ist, denn eines war von Anfang an für mich klar. So etwas möchte ich nicht wieder erleben. Ich suchte mir Hobbys die mir Spaß und Freude bereiteten und entdeckte nach sehr sehr langer Zeit meine kreative Ader wieder. Ich habe begonnen wieder mehr Zeit mit meiner Familie und Freunden zu verbringen und diese auch zu genießen. Ich nahm mir Auszeiten wenn ich diese benötigte. Ein sehr wichtiger Bestandteil war und ist immer noch Yoga. Ich habe gelernt achtsamer mit meinen Mitmenschen und mir selbst umzugehen, mein Körperempfinden wurde spürbar sensibler, ich war ausgeglichener und konnte angespannte Situationen besser meistern. Yoga findet nicht nur auf der Matte statt! Auch das habe ich gelernt.
Ein langer harter Weg den ich gehen durfte. Warum durfte? Wäre mir das nicht passiert, würde ich nach wie vor ein Leben führen dass nicht meiner Persönlichkeit entspricht. Ich habe die Möglichkeit bekommen mich neu zu finden und die Prioritäten neu zu setzen. Natürlich gibt es auch immer wieder Rückschläge, aber ich habe gelernt mit diesen besser umzugehen, Signale früher zu erkennen um dann die Notbremse zu ziehen. Und sollte es mal wieder schlimmer werden, nehme ich mir oft mein „Mies-Fühl-Tagebuch“ zur Hand welches mich an den schweren Weg zurück erinnert und mir immer wieder sagt – so nicht mehr!
Was will ich euch mit meiner Geschichte sagen?
Ich möchte alle die sich vielleicht einmal in der eigenen Haut nicht wohl fühlen ermutigen, dass nach einer dunklen, nebeligen Phase auch die Sonne wieder strahlen kann, du musst sie nur wieder einladen und es zulassen. Wir sind nicht auf der Welt um zu funktionieren. Wir sind hier um das Leben zu genießen. Achte auf Warnzeichen, hörte auf dich, vertraue dir. Nimm dir Zeit für DICH, mehr Zeit für Dinge die DIR gut tun und habe keine Scheu davor Hilfe anzunehmen und dich fallen zu lassen. Lass los!
Genieße dein Leben und was du daraus machst, gehe deinen Weg und bleib dir treu! Und jetzt schenke dir das schönste Lächeln das du hast :-)
Alles Liebe
Claudia
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